Angeln auf Sicht
„Fische, die man sieht, die fängt man nicht.“ Dieses Sprichwort über das Angeln auf Sicht ist genau so alt wie es falsch ist. Meist kommt es aus dem Mund derjenigen Angler, die wenig erfolgreich sind und irgendeine Ausrede für ihr Versagen suchen. Wenn du das nächste Mal jemanden hörst, der sagt: „Sport ist Mord.“, dann gehört er in die gleiche Schublade wie obige Angler. Nimm von solchen Menschen keine Ratschläge an, denn sie ziehen dich mit in den Sumpf des Versagens.
Für mich ist das Angeln auf Sicht eine der spannendsten Arten des Angelns überhaupt. Es geht im wesentlichen darum, durch geschickte Köderpräsentation die Fische, die du vom Ufer oder Boot aus siehst, gezielt zu fangen. Ich selbst habe diese Methode oft und auf zahlreiche Fischarten angewendet. Meine wichtigsten Erfahrungen und Tipps zeige ich dir anhand folgender unterhaltsamer Geschichten:
Weniger ist mehr beim Angeln auf Sicht
Bereits als 10jähiges Kind war ich begeisterter Angler. Jedes Jahr fuhr ich mit meinen Großeltern an den glasklaren Lübbesee nahe Templin.
Ich beobachtete eines Tages einen einheimischen Jungen, der auf einem Steg angelte, an dem etwa 20 Ruderboote festgebunden waren. Seine „Angel“ bestand nur aus einem Stock, einer 35er Angelschnur und einem kräftigen Haken. Letzteren beköderte er mit 7 – 8 großen Regenwürmern, die er einfach in der Mitte einhakte. Das fertige Bündel sah aus wie ein kleiner Krake. Ungläubig schaute ich ihm zu.
Dann senkte er unmittelbar neben einem der Ruderboote langsam das Bündel ins Wasser. Keine 3 Sekunden später schoss ein riesiger Barsch unter dem Boot hervor und verschlang den Wurm-Kraken. Der Junge setzte einen Anschlag, hob das Ungetüm ohne Drill aus dem Wasser und schleuderte es in den Kahn. Dann sprang er hinterher, um den Riesenbarsch festzuhalten, der wie wild im Boot umher hüpfte.
Ich stand wie versteinert daneben und glaubte meinen Augen nicht. Noch nie im Leben hatte ich einen derart großen Barsch gesehen, der locker seine 40 cm hatte. Danach fing der Junge noch zwei weitere ähnlicher Größe und ging vergnügt nach Hause, als ob es das normalste der Welt war.
Am Tag danach stand ich an der gleichen Stelle. Ich blickte von der Seite unter die Boote und sah einige große rötliche Flossen. Vor dem hellen Sanduntergrund waren sie an diesem sonnigen Tag gut zu sehen. Leider hatte ich keine großen Regenwürmer. Als Köder nahm ich statt dessen einen toten Minibarsch, den ich in Ufernähe fing, und ließ ihn auf die gleiche Weise neben einem Boot absinken.
Auch bei mir kam ein riesiger Barsch unter dem Boot vorgeschossen und mein Herz machte einen Purzelbaum. Vor Aufregung setzte ich den Anhieb zu früh und vergraulte den Stachelritter. Ich probierte es am Boot daneben und hatte Glück. Ich fing einen mit etwa 30 cm weitaus kleineren Barsch, aber ging genau so glücklich zu unserem Bungalow zurück, wie der Junge am Tag zuvor.
Tipp 1:
Verzichte bei deiner Montage wenn möglich auf Pose und Bebleiung. Schnur und Haken reichen auf nahe Distanz oft aus und gewährleisten eine sehr unauffällige Präsentation.
Tipp 2:
Wähle die Ködergröße so, dass der Zielfisch nicht beim Aufprall des Köders auf das Wasser erschreckt wird.
In meiner kleinen Geschichte hatte der Junge den Vorteil, vom Steg aus den Köder langsam und geräuschlos absenken zu lassen. Wenn der Zielfisch weiter weg steht, hilft manchmal ein Überwerfen und langsames Heranziehen.
Angeln auf Sicht beruht auf Gegenseitigkeit
Döbel sind sehr unkomplizierte Fische. Sie fressen alles und sie beißen das ganze Jahr über. Große Döbel auf Sicht zu fangen, ist in stehenden Gewässern jedoch eine Herausforderung.
In der Nähe des Dorfes, in dem ich aufgewachsen bin, gab es einen ehemaligen kleinen Tagebau, der als Trinkwasserreservoir für die umliegenden Orte genutzt wurde. Das Wasser war dementsprechend glasklar. Ich liebte es als Junge, am höhergelegenen Ufer dieses schönen Gewässers entlangzulaufen und die Fische zu beobachten.
Ganz besonders spannend fand ich die großen Döbel, die im Sommer nahe der Oberfläche standen und auf Anflugnahrung hofften. Manchmal genügte das Zuklappen einer Autotür, um die Fische zu erschrecken. Mit einem lauten Klatschen verschwanden sie dann für ein paar Minuten von der Oberfläche, um dann etwas weiter weg wieder aufzutauchen.
Eines Tages schwamm ein Döbelschwarm in etwa 10 m Entfernung parallel zum Ufer. Ich hatte meine Wurfrute nur mit einem Stück Brot bestückt und warf es den ankommenden Fischen direkt vor die Nase. Hinter einem Strauch versteckt wartete ich hoffnungsvoll auf einen Biss. Die Döbel schwammen allerdings unter meinem Brot hindurch, ohne es zu beachten.
Enttäuscht kam ich hinter meinem Versteck hervor, als ich einen einzelnen Dickkopf sah, der scheinbar zurückkam, um sich das Brot nochmal anzusehen. Durch meine Bewegung erschreckt suchte er allerdings wieder das Weite.
Tipp 3:
Du musst die Fische sehen, ohne dass sie dich selbst bemerken. Unauffällige Kleidung (Tarnkleidung) ist dabei sehr hilfreich.
Tipp 4:
Bewege dich langsam.
Tipp 5:
Bewege dich noch langsamer.
Ein paar Tage später hatte ich an der gleichen Stelle doch noch fast alles richtig gemacht. Ein etwa 50 cm langer Graskarpfen nahm mein Schwimmbrot und lieferte einen aufregenden Drill. Leider verlor ich den Fisch kurz vor der Landung.
Bewegtes Wasser unterstützt dich beim Angeln auf Sicht
Die Döbel-Geschichte hat dir gezeigt, dass das Angeln auf Sicht in stehenden Gewässern recht schwierig sein kann, wenn das Wasser sehr klar ist und Windstille herrscht. Einerseits siehst du die Fische gut, aber im Gegenzug bist auch du leichter zu erkennen.
Als ich vor einigen Jahren einen Kurzurlaub am Gardasee in Italien verbrachte, beobachtete ich einen Angler, der mit der Flugangel am Seeufer stand. Der Mann trug eine Sonnenbrille. Vielleicht war es auch eine Polarisationsbrille. Auf jeden Fall warf er seinen Köder nicht wahllos aus, sondern schaute zunächst eine Weile auf das Wasser. Nach kurzer Zeit hatte er einen Biss und fing einen Döbel, den ich im Bild festhalten konnte.
Tipp 6:
Leichter Wellengang oder Regen erhöhen maßgeblich die Chancen, vom Fisch nicht gesehen zu werden. Eine Polarisationsbrille kann unter diesem Umständen helfen, die Fische besser zu erkennen.
Tipp 7:
Um die Mittagszeit steht sie Sonne am höchsten (steilsten), was den Spiegeleffekt des Wassers minimiert. Die Fische sind um diese Tageszeit am besten zu erkennen.
Neben Wellen und Regen erhöht auch fließendes Wasser die Chance, dass du unbemerkt bleibst. Klare Bäche und Flüsse sind demnach auch Hot Spots für das Angeln auf Sicht.
Natürlich gilt das Hauptaugenmerk beim Angeln auf Sicht in Bächen und kleinen Flüssen den Salmoniden. Wegen ihrer Tarnfarbe sind sie über einem steinigen und gefleckten Untergrund meist schwierig zu erkennen.
Wenn du dich einem klaren Bach näherst empfehle ich dir natürlich wieder sehr laaaangsaaaam zu gehen und in einiger Entfernung stehen zu bleiben.
Tipp 8:
Bleib an Fließgewässern eine Weile stehen und achte auf Bewegungen im Wasser.
Die meisten Fische bewegen sich früher oder später und verraten sich dadurch.
Wenn du ihren Standort kennst, dann überlege dir, wie du unbemerkt in eine komfortable Wurfentfernung kommst. Natürlich musst du dabei die Strömungsrichtung beachten, d.h. du musst dich dem Fisch gegen die Strömung nähern, wenn du mit einem Spinnköder angelst.
Tipp 9:
Hole nach dem Auswurf eines Spinnköders immer mit der Strömung ein, denn ein fliehender Fisch schwimmt mit dem Strom und nicht dagegen.
Karpfen auf Sicht angeln
Angeln auf Sicht verbinden die meisten Angler sofort mit dem Karpfenangeln. Das liegt wohl daran, dass Karpfen in der warmen Jahreszeit gern in Oberflächennähe schwimmen und auf dem Wasser schwimmende Nahrung aufnehmen. Besonders in Teichen, auf denen Wasservögel oft mit Brot gefüttert werden, nutzen die Fische auch gern diese zusätzliche Nahrungsquelle.
In dem bereits beschriebenen Tagebau meiner Kindheit gab es natürlich auch Karpfen. Eines Tages schaute ich einem älteren Angler zu, der ein halbes Brötchen (Brötchen = Semmel = Schrippe) an seine Wurfrute anköderte (ohne Pose, nur Schnur und Haken). Dieses tippte er dann für 2 Sekunden auf die Wasseroberfläche, um zusätzliche Wurfmasse zu laden. Danach warf er es in Richtung Gewässermitte, wo einige Karpfen als Silhouette unter der Oberfläche ihre Bahnen zogen.
Etwa 10 Minuten später verschwand dieses Brötchen in einem gewaltigen Schwall unter Wasser. Nach einem spannenden Drill landete der Angler einen schönen Schuppenkarpfen von etwa 4 kg.
Tipp 10:
Fädle deinen Haken beim Anködern von Brot einmal komplett durch das Brotstück und hake ihn an einer anderen Stelle nochmal ein.
Auf diese Weise hält das Brot besser und länger am Haken. Verwende am besten Brot mit einer derberen Kruste, z.B. Fladenbrot (Dönerbrot).
Ich selbst habe schon einige Karpfen auf Schwimmbrot gefangen, allerdings keine kapitalen. Wie ich eingangs erwähnte, solltest du deinen Köder nicht so groß wählen, denn er könnte beim Einwurf die Karpfen erschrecken. Ein Überwerfen und anschließendes langsames Einkurbeln ist dann eine gute Alternative. Durch das erwähnte Durchfädeln des Hakens hält das Brot diese Prozedur auch ein paar Meter aus.
Um größeren Wurfweiten zu erreichen, brauchst du zusätzliche Masse. Schon in meinen Jugendjahren habe ich dazu Wasserkugeln verwendet. Diese gibt es heute auch noch zu kaufen, aber ich nutze sie nicht mehr in der alten Variante. Statt dessen gibt es im Handel modernere Modelle.
Ansitz-Angeln auf Sicht
In meinem Artikel zum Schleien angeln habe ich bereits darüber berichtet, dass sich auch Schleien in Krautlücken und sonnigen Tagen gut auf Sicht fangen lassen.
Alle beschriebenen Methoden sind in erster Linie zum Pirschangeln gedacht. Du gehst also aktiv auf die Suche nach Fischen, die du dann auf Sicht angeln willst.
Als ich vor einiger Zeit Michael Schlögl besuchte, zeigte er mir einen schönen kleinen und klaren See, in dem es einen guten Bestand an großen Brassen und Karpfen gab. Nach dem Aufbauen der Stipp-Ausrüstung stellte sich ein Schwarm Alande auf dem Angelplatz ein. Mit einer leichten und nur etwa 30 cm tief gestellten Pose versuchte ich einen dieser Alande zu fangen.
Es zeigte sich, dass diese Fische unheimlich schnell einen Köder aufnehmen und wieder ausspucken konnten. Ein Anhieb nach dem Abtauchen der Pose ging mehrere Male nacheinander ins Leere. Die Fische spürten nach dem Einsaugen des Köders den Widerstand der Montage, weshalb die einzige Chance darin bestand, den Anhieb auf Sicht zu setzen.
Tipp 11:
Füttere deinen Zielfisch mit losen Ködern und biete deinen Hakenköder gleichzeitig so an, dass er sich wie die losen Köder verhält.
Um das zu erreichen, fütterte ich mit der Schleuder lose Maden und köderte eine Made in der Mitte an, so dass sie ebenfalls quer absank. Die weiße Made war nach dem Einsetzen für zwei Sekunden zu sehen, dann nicht mehr. Ich setzte einen Anhieb, der wieder ins Leere ging. Beim zweiten Einsetzen klappte der Trick und ich fing meinen ersten Aland beim Angeln auf Sicht.
Tipps und Tricks zum Friedfischangeln
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Beitrag einige Ratschläge mit auf den Weg geben.
Falls du weitere kostenlose Tipps und Tricks bekommen möchtest, dann empfehle ich dir die folgenden beiden E-Books:
Meine besten Tipps und Tricks habe ich für dich in diesen beiden E-Books vorbereitet:
Eine vollständige Übersicht aller meiner E-Books bekommst du hier:
Wie du an den Ausführungen erkennen kannst, gibt es eine ganze Menge Fischarten, die sich beim Angeln auf Sicht fangen lassen. Sei einfach kreativ und passe dich den Gegebenheiten an.
Alle Tipps kannst du wie immer noch einmal als PDF kostenlos downloaden:
Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren!
René
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